3. Geleistete Arbeiten im Jahr 1997
Basierend auf den eingangs erwähnten Zielen wurden die Teilprojekte A -
F definiert und mit Unterstützung verschiedener Partner aus Industrie und Hochschulen
angegangen
3.1 Teilprojekt A: Optimierung des Ladeverfahrens auf max.
Lebensdauer der Zellen
Aus einem der meistbenutzen Fahrzeuge mit einem Kilometerstand von
20'000 km wurden mehrere Zellen entnommen und in einem Lebensdauertest mit neuen Zellen
verglichen. Ein erstes Ergebnis des Lebensdauertests liegt vor und weist für den TWIKE
III Akku ein ausserordentlich gutes Ergebnis auf.

Abb. 2: Lebensdauertest mit neuen NiCd Zellen
Die Messungen wurden mit einem konstanten Lade- und Entladestrom von C/4
durchgeführt. Während die neuen Zellen eine Lebensdauer von 950 Zyklen aufwiesen,
erreichten die bereits gebrauchten Zellen nach 429 Zyklen im Fahrzeug weitere 663 Zyklen
im Labor und damit rund 2/3 der ursprünglichen Lebensdauer.

Abb. 3: Lebensdauertest mit NiCd Zellen nach 20'000 km
Eine Hochrechnung dieses Ergebnisses lässt eine Lebensdauer von ca.
1'100 Zyklen oder ca. 50'000 km vermuten. Dieses sehr positive Ergebnis übertrifft die
bei der Entwicklung erhofften 40'000 km und wird ebenfalls durch die sehr kleine
Ausfallrate bei den übrigen Fahrzeugen unterstützt. Dieses Resultat muss jedoch durch
weitere Tests im Labor und vorallem durch Erfahrungen auf der Strasse erhärtet werden.
Parallel dazu wurden durch ergänzende Untersuchungen die spezifischen
Einsatzbedingungen beim TWIKE III Fahrzeug genauer betrachtet, um basierend auf der
langjährigen Erfahrung der Firma Glur allfällige Schwachpunkte zu finden. Dabei konnte
das Ladeverfahren vorallem bei tiefen Temperaturen optimiert werden.
Diese Verbesserungen wurden in der neuen Version der TWIKE III Software
(TWK 5.10) eingebaut und den bestehenden Kunden zu
einem Unkostenbeitrag angeboten. Die neuen Fahrzeuge werden ab Werk mit dieser erweiterten
Software ausgerüstet.
3.2 Teilprojekt B: Reduktion der Netzoberwellen und Optimierung
des Ladewirkungsgrades
3.2.1 Power Factor Corrector
Der bei der Konzeption des TWIKE Antriebs vorgesehene Power Factor
Corrector wurde implementiert. Als Nebeneffekt konnte das Ladegeräusch des TWIKE deutlich
reduziert werden. Eine Verbesserung des Oberwellengehaltes von ca. 35 % konnte damit
erzielt werden.
3.2.2 Optimierung der Normalladung

Abb. 4: Ladetechnik TWIKE III Akku
Bei der Auswertung der Messdaten unzähliger Lade- und Entladezyklen
konnte festgestellt werden, dass während der Symmetrierladung (F6) unnötig viel Energie
in den Batterien in Wärme umgesetzt wurde. Eine wichtige Ursache dafür ist die sehr gute
Qualität der eingesetzten NiCd-Zellen sowie die bisher ausgebliebenen Alterserscheinungen
der Zellen. Durch diese Verbesserung kann pro Ladung zwischen 0.4 und 0.6 kWh Energie
eingespart werden.
3.2.3 Zwischenladung mit besserem Ladewirkungsgrad
Die TWIKE Fahrer werden motiviert, ihr Fahrzeug mehrheitlich während
der Nacht zu laden, um den Bedarf von Spitzenleistung des Energieversorgungsnetzes nicht
unnötigerweise zu erhöhen. Um dem Bedürfnis gelegentlicher Zwischenladungen während
dem Tag entgegen zu kommen, wurde die Schnelladung komplett überarbeitet und auf
minimalen Energiebedarf optimiert. Mit dem Nachteil, dass die Batterien nicht in jedem
Fall vollständig geladen werden, reduziert auch diese Verbesserung den Energiebedarf um
ca. 0.7 bis 0.9 kWh pro Schnelladung. Er wird vorallem bei längeren Fahrten mit
notwendigen Zwischenladung eingesetzt und reduziert ebenfalls die hohen Zelltemperaturen
im Sommer.
3.2.4 Timerzusatz
Messungen an der ISB im Frühjahr 1997 ergaben einen überraschend hohen
Energieverbrauch des TWIKE III. Dies konnte teilweise auf die für das TWIKE ungünstige
Messmethode zurückgeführt werden, indem nach nur 20 km die Batterien komplett
vollgeladen wurden. Dadurch wurde unnötigerweise eine Symmetrierladung durchlaufen
während der keine Energie mehr in den Zellen gespeichert werden kann. Andererseits birgt
die heutige Lösung des TWIKE III Ladegerätes den Nachteil, dass die Elektronik am Netz
immer eingeschaltet bleibt. Somit wird auch nach der Ladung unnötigerweise Energie
verbraucht.
Auf Grund dieser Ergebnisse wurde das Teilprojekt C gestrichen und
stattdessen ein Timerzusatz entwickelt, der deutlich mehr Energieeinsparungen erlaubt.
Dank diesem Timerbausatz konnte der mit dem gleichen Testverfahren gemessene
Energieverbrauch an der ISB von 14 auf 10 kWh / 100 km reduziert werden.
Dieser Nachrüstsatz kann nachträglich in bereits verkaufte Fahrzeuge
eingebaut werden und reduziert den Energieverbrauch vorallem bei kleinen täglichen
Fahrleistungen drastisch, wie folgende Hochrechnung zeigt:
Einsparungen durch Timerzusatz
Hochrechnungen aufgrund der Messungen an der ISB bei einer
Ladezeit über Nacht von 19.00h bis 07.00h (12h)

Noch deutlichere Einsparungen lassen sich bei Fahrzeugen erreichen, die
über mehrere Tage am Netz eingesteckt werden, um eine hohe Einsatzbereitschaft zu
erhalten.
3.3 Teilprojekt C: Verbesserung des Fahrwirkungsgrades
Aufgrund des kleinen Verbesserungspotentials wurde auf dieses
Teilprojekt komplett verzichtet. Statt dessen wurde der Timerzusatz des Teilprojektes B
zusätzlich realisiert.
Die gewonnenen Erkenntnisse der Studie am Interkantonalen Technikum in
Rapperswil (ITR) dienen als wichtige Grundlage für die Weiterentwicklung des
Nachfolgeantriebs, dessen Entwicklung voraussichtlich 1998 angegangen wird.
3.4 Teilprojekt D: Erhöhung der Genauigkeit der
Reichweitenanzeige
Eine Analyse von Messzyklen, Literaturrecherchen und Erfahrungen der
TWIKE Fahrer (Interviews) ergab eine grosse Anzahl von möglichen Einflussfaktoren auf die
erzielbare Reichweite, die im folgenden in drei Gruppen zusammengefasst werden:
Batteriemodell
Die unter Batteriemodell aufgelisteten Einflüsse sind prinzipiell mit
Hilfe eines aufwendigen Batteriemodells berechenbar. Allerdings sind die inneren
Zusammenhänge dieser Einflüsse sehr komplex und die Erforschung sehr zeitaufwendig. Ihr
Einfluss auf die Reichweite ist aber deutlich kleiner als derjenige der zwei übrigen
Gruppen.
Im Fahrzeug selbst ist es zum heutigen Zeitpunkt mit vertretbaren Kosten
nicht möglich, den Einfluss der Topologie mit zu berücksichtigen. Dazu wurde aus den
Diplomarbeiten von R. Bösch und B. Lamprecht das Programm FinaTWIKE
erstellt, dass als Routenplaner vor Reiseantritt dient. Es kann frühzeitig festgelegt
werden, wo eine Zwischenladung notwendig ist.
Die Reichweitenanzeige im TWIKE selbst wurde dahingehend erweitert, dass
die Reichweite aufgrund des bisherigen Verbrauchs jeweils neu berechnet wird. Damit werden
die meisten Einflussfaktoren mitberücksichtigt. Die Reichweite wird gleich zweifach
angezeigt.

In der oberen Zeile wird die ab jetzigem Zeitpunkt verbleibende
Reichweite (21.0 km) angezeigt. Sie dient als Entscheidungsgrundlage für ein erneutes
Laden. Darunter ist zusätzlich die Reichweite seit der letzten Ladung (65.8 km)
angegeben. Mit Hilfe der unteren Anzeige kann während der Fahrt kontrolliert werden, ob
das anvisierte Etappenziel auch zu erreichen ist. Sie dient damit auch als wichtiger
Hinweis über die Energieeffizienz des Fahrers. Erreicht der Fahrer durch seine Fahrweise,
dass eine hohe Reichweite angezeigt wird, so deutet dies auf eine optimale Fahrweise hin.
Unberücksichtigt in dieser Vorhersage bleiben die vorausliegenden
Steigungen oder Gefälle. Diese sind heute nicht berechenbar und müssen vom Fahrer mit
einbezogen werden.
Als weitere Informationen werden dem Fahrer die aktuelle
Geschwindigkeit, die Batteriespannung und die -temperatur angezeigt. Zusatzinformationen
sind durch Umschalten der Anzeige zu erhalten.
Während den Tests konnten mit der neuen Reichweitenanzeige sehr gute
Erfahrungen gesammelt werden. Sie erweist sich als sehr zuverlässig.
3.5 Teilprojekt E: Überarbeitung des Sicherheitskonzeptes nach
IEC 718 Nachfolge
Im Verlaufe des Jahres wurden die Normungsentwürfe genau studiert und
jeweils Stellungnahmen abgegeben. Danken möchten wir an dieser Stelle auch Herrn Arno
Mathoy für seine hervorragenden Arbeiten als neuer Vorsitzender der AG69.
So ist es uns gemeinsam gelungen, den Lademode 0, die Ladung ab
Steckdose zu Hause, ohne zusätzliche teure Installationen, entgegen dem Widerstand der
Amerikaner, durchzubringen.
Die Übersetzungen in andere Sprachen konnten dieses Jahr aufgrund
dringender Arbeiten nicht angegangen werden. Nachdem nun die Produktion der Fahrzeuge
hochgefahren werden konnte, sollen auch die Übersetzungsarbeiten im Frühling 98
durchgeführt werden.
3.6 Teilprojekt F: Verhindern von Tiefentladezuständen
Seit April 1997 werden am Neu-Technikum Buchs (NTB) von Herrn D.
Hanselmann und Herrn D. Heininger, unter der Leitung von Prof. Breu, die Grundlagen einer
neuen Batterieüberwachung erarbeitet. Ausgehend von der heutigen TWIKE III
Batterieüberwachung wurden Einsparungspotentiale systematisch untersucht. Zur Zeit sind
die beiden Studenten an ihrer Diplomarbeit, mit dem Ziel neue Schaltungskonzepte zu
erarbeiten, um die Selbstentladung zu reduzieren. Die Diplomarbeit wird am 19.12.97
abgeschlossen. Daher liegen die Ergebnisse noch nicht vor.
Diese Verbesserungen können aufgrund der neuen Schaltungstechnik erst
bei einer Nachfolgeserie umgesetzt werden. Eine Nachrüstung der heutigen Fahrzeuge ist
nicht möglich.

Abb. 5: Aufbau des TWIKE III Akkus
4. Zusammenarbeit
In diesem Projekt wurde sehr intensiv zwischen verschiedenen Partnern
zusammengearbeitet, mit dem Ziel die jeweiligen Kenntnisse dieser Partner für das Projekt
nutzbar zu machen.
4.1 Firma Glur, Hr. Th. Felber, 3110
Münsingen
Verifikation der Ladetechnik, Messungen der Batterielebensdauer und
Untersuchungen bei tiefen Ladetemperaturen.
4.2 TWIKE AG, Hr. R. Schnyder, 4460 Gelterkinden
Konzeption des TWIKE III Fahrzeuges, Auswertung der Fahrerinformationen,
Benutzeranleitungen, Test der Software, Entwicklung und Herstellung des Timerzusatzes.
4.3 Brusa Elektronik, Hr. A. Mathoy, 9473 Gams
Vorsitzender der AG69, Normung (IEC, CENELEC) der elektrischen
Strassenfahrzeuge
4.4 Neu-Technikum Buchs, Hr. Prof. Breu,
9471 Buchs
Betreuung der Diplomarbeit TWIKE III / IV Batteriemanagement der beiden
Studenten D. Hanselmann und D. Heininger zur Reduktion der Selbstentladung der
Akkumulatoren.
4.5 Interkantonales Technikum Rapperswil (ITR), Hr. Prof. J. Quednau, 8640
Rapperswil
Hr. R. Bösch und B. Lamprecht, Diplomarbeit Analyse und Modellierung
des Hybridfahrzeugs TWIKE III. Umsetzung der Ergebnisse in das Programm FinaTWIKE.
5. Transfer in die Praxis
Wie bereits erwähnt, wurden die gesamten Verbesserungen aus diesem
Projekt zu einem neuen Release der TWIKE III Software zusammengefasst und im November 1997
freigegeben. Diese Software kann in allen 190 TWIKE der ersten Serie nachgerüstet werden,
womit diese Verbesserungen in der gesamten TWIKE Flotte integriert werden können.
Seit September 1997 werden weitere 400 TWIKE III produziert. Auch in
diesen neuen Fahrzeugen kommt die überarbeitete Software zum Einsatz.
Der Schaltuhr-Einbausatz wird ebenfalls seit Oktober 1997 als Zubehör
angeboten und den bestehenden TWIKE Kunden zum Einbau empfohlen. Insbesondere für
institutionelle Kunden mit mehreren Fahrern und bei langen Standzeiten bringt dieser
Nachrüstsatz Vorteile.
6. Perspektiven
Aus verschiedenen Gründen, die in diesem Bericht erwähnt wurden,
konnten nicht alle geplanten Arbeiten termingerecht abgeschlossen werden. Einige wurden
komplett fallengelassen und stattdessen andere erfolgversprechendere Arbeiten an die Hand
genommen.
Die Optimierung der Lebensdauer (Teilprojekt A) wird auch im kommenden
Jahr einige zusätzliche Arbeiten erfordern. Die Lebensdauertest im Labor müssen mit
dynamischen Lasten wiederholt und das Ergebnis verifiziert werden. Auf der Strasse werden
immer mehr Batterien an das Ende ihrer Lebensdauer gelangen und es wird notwendig sein,
diese Daten systematisch auszuwerten um daraus möglichst viele Erkenntnisse zu ziehen.
Auf die Servicestellen wird ein zusätzliches Problem zukommen, indem
sie zuverlässig feststellen müssen, wann eine Batterie zu ersetzen ist. Aus diesem Grund
wird an einem Refresh- und Kapazitätsmessgerät gearbeitet werden müssen.
Der Ersatz der NiCd- durch NiMH- oder andere Zellen muss langfristig und
durch ausgiebige Tests vorbereitet werden. Dafür steht mit dem parametrierbaren TWIKE III
Batteriemanagement eine ideale Plattform für Labor und Feldversuche zur Verfügung, wenn
auch die Auswertung der Ergebnisse sehr viel Arbeit und Kosten erfordert.
Teilprojekt B bis F werden in die für das Jahr 1998 vorgesehene
Weiterentwicklung des TWIKE IV Antriebs einfliessen, wobei erstmals eine speziell für
diesen Anwendungsbereich optimierte und damit kostenoptimale Steuerung entwickelt und
hergestellt werden soll.
Die TWIKE III Produktion konnte nach einer umfangreichen
Umstrukturierung wieder hochgefahren werden, so dass auch im Jahr 1998 das TWIKE zum
meistverkauften E-Mobil der Schweiz werden dürfte. Nach Inverkehrsetzung der weiteren 300
TWIKE III dürften ohne weiteres Einsparungen von ca. 300'000 Litern Benzin pro Jahr
erreichbar sein.
Wir möchten uns an dieser Stelle für die Unterstützung des Bundesamtes für Energiewirtschaft
bedanken.
Link: Foto der
TWIKE-Batterie